Scheherazade
Musik: Nikolaï Rimski-Korsakov (1844-1908)
(Arr. für Violine, Klarinette, Fagott und Klavier von Leonard Eröd)
CrossNova-Ensemble
Betsy Dentzer - Erzählerin
Dan Tanson - Konzeption, Regie
Claude Grosch - Visuelle Animation
Alexandra Lichtenberger - Kostüme, Textilobjekte
eine Produktion der
Sindbad und seine österreichische Besatzung
(Karolina Markiewicz)
Leuchtende Kindergesichter bei den ersten Klängen der Musik, weit aufgerissene Augen beim ersten erzählten Satz – so fing letzten Sonntag in der Philharmonie die märchenhafte Reise durch das Reich von 1001 Nacht an, ein musikalisches Märchen um Sheherazade für Kinder von 5 bis 9.
Sheherazade war jene raffinierte Perserin, die, um ihr Leben und das von tausend anderen Frauen zu retten, mit dem rachsüchtigen Sultan Sharyar die Ehe einging, der bekanntlich seine Ehefrauen umbringen ließ, weil ihn seine erste Frau betrogen hatte. Um der Todeswut des Sultans ein Ende zu setzen, begann Sheherazade ihm eine unheimlich spannende Geschichte zu erzählen, ohne sie zu beenden. Den Trick setzte sie 1001 Nächte fort. Nach und nach verliebte sich der Sultan in die junge Erzählerin, die schließlich verschont wurde; und mit ihr alle anderen Frauen des Reiches. Und eine dieser Geschichten ist die von Sindbad, dem Seefahrer.
Neu adaptiert wurde die zeitlose Geschichte in französischer und deutscher Sprache von einem, der das junge Publikum genau kennt: Dan Tanson. Vor einem eleganten und einfallsreichen Bühnenbild mit einem erst von rechts, dann von links halb gespannten Tuch und zahllosen weißen Baumwoll- und Seidenpölstern mit Pailletten und Diamanten, tritt die grandiose Erzählerin Betsy Dentzer auf und verzaubert mit weit ausholender Gestik, warmem Stimme und raffiniertem Kostüm das gesamte Publikum am Parterre: vorne die Kinderschar auf bunten Pölstern, hinten ihre Eltern.
Die Erzählerin, begleitet von vier Musikern, setzt zum Erzählen an und im Nu sind alle gebannt: man riecht die Düfte des Orients, man spürt die Meeresbrise und das Licht der persischen Landschaften. Die mit viel Farbe und Präzision gespielte Musik, die dazu erklingt, ist jene von Nikolai Rimsky-Korsakoff, eines der brillantesten Werke des russischen Komponisten. Sheherezade ist also auch eine symphonische Suite, hier von Leonard Eröd bearbeitet, dem großen freundlichen Mann am Fagott. Um ihn herum der Rest der Mannschaft, das CrossNova Ensemble, das 2006 rund um Sabine Nova an der Violine, Hubert Kerschbaumer an der Klarinette und Rainer Nova am Klavier in Wien gegründet wurde und sich als flexibles Ensemble in Hinblick auf Kompositionen und Interpretationen versteht. Hier, unter der Regie von Dan Tanson, verwandeln sich die Musiker sogar in komödiantische Matrosen, die Sindbads Abenteuern Akzente setzen. Zuerst erscheinen sie als böse Gläubiger, die dem armen Sindbad seine Habe wegnehmen, und später, hier und da um einige Streifenmuster bereichert, geben sie eine lustige Mannschaft von Seeleuten, die mit einem starken und sehr komischen Akzent blödeln – man erkennt einen österreichischen Dialekt. Ein Effekt, der sehr apart, sehr lustig und sehr wirkungsvoll ist.
Auf dem durchsichtigen, halb gespannten Tuch, das die Bühne in vorne und hinten teilt, erscheinen großartige Animationen, riesige Tiere mit Federn und Schuppen, und später die Heimatstadt unseres Helden mit ihren zierlichen Türmen, ein Bagdad wie aus unseren Träumen. Alles, was der gute Sindbad auf seinem Weg findet, wurde vom hochtalentierten Claude Grosch gezeichnet und animiert.
Genau wie die überlieferten Märchen aus 1001 Nacht ist auch die in der Philharmonie aufgeführte luxemburgisch-österreichische Sheherazade ein kleines Wunder, das Genie und großzügige Kreativität einer ganzen Truppe vereint. Man spürt die Qualität auf jeder Ebene. Jedes einzelne Detail ist genau durchdacht, jede Geste und jeder Klang mit großer Meisterschaft überlegt und eingesetzt. Die Kinder, die in der Regel schnell urteilen – also ein anspruchsvolles Pulikum – konnten sich schwer von dieser Zauberwelt trennen und waren hingerissen.